Sommer-Programm: Autopoiesis

Anknüpfend an die gerade laufende Diskussion zu “Technik als einem möglichen System der autopoetischen Artefakt-Produktion” möchte ich folgendes Sommer-Programm vorschlagen. Zu jedem Thema sind dabei ein oder mehrere Blogpost(s) möglich:

Leitfragen:
F1: Kann das AP-Konzept von M/V mit Blick auf die unten erwähnten Prüfkriterien direkt auf Technik (im obigen Sinne) angewandt werden?
F2: Kann das AP-Konzept grundlegend reformuliert werden, so daß es auf Technik anwendbar ist?
F3: Sollte das AP-Konzept fallen gelassen werden bspw. zugunsten von “Allopoiesis”? (siehe Thema 2)

Thema 1: Das Konzept der  “Autopoiesis” von Varela / Maturana   und seine mögliche Übertragbarkeit auf obiges Technik-System 

Autopoiesis-Bestimmung und -Beispiel [URL: http://koloss3.mykowi.net/index.php?option=com_content&view=article&id=246&Itemid=38]

“Das Konzept der Autopoiesis bezeichnet nach der Intention von Maturana und Varela Selbstschaffung bzw. Selbstproduktion und bezieht sich auf eine allgemeine biologische Beschreibung von Leben. Maturana und Varela subsumieren unter Autopoiesis das Organisationsprinzip alles Lebendigen und vertreten die Ansicht, dass alles Leben dahingehend autopoietisch organisiert und strukturiert ist, dass es sich als geschlossenes Netzwerk von Elementen in rekursiver Bezüglichkeit selbst hervorbringt, selbst reproduziert und selbst organisiert. Grundlegend ist demnach jedes autopoietische System ein geschlossenes, autonomes System innerhalb einer spezifischen Umwelt, mit der es keine Austauschbeziehung eingeht, sondern vielmehr im Modus der Perturbation und strukturellen Kopplung steht. Jedes autopoietische System, also auch die Zelle, ist energetisch und materiell offen und gleichzeitig operationell, organisationell und informationell geschlossen.
Die Teilung und Selbststrukturierung der Zelle vollzieht sich wie folgt:
Die eigentliche Zellteilung wird durch die Mitose (Kernteilung) eingeleitet. Hierbei ziehen sich die im Zellkern befindlichen Chromosomen, die die DNS tragen, zunächst stark zusammen, was sie unter einem guten Lichtmikroskop sichtbar macht. Jedes Chromosom besteht aus zwei Chromatiden, die am sogenannten Centromer verbunden sind. Nun wandern die Centriolen, aus Mikrotubuli gebildete Zellteilchen, an entgegen gesetzte Enden der Zelle und bauen den ‘Spindelapparat’ auf. In dessen Äquatorialplatte ordnen sich die Chromosomen an, senkrecht zu den Centriolen. Die Kernhülle ist nunmehr verschwunden. An den Centromeren setzen jetzt die Spindelfasern des Spindelapparates an und ziehen die Chromatiden eines Chromosoms zu den entgegen gesetzten Centriolen. So sind an beiden Enden der noch einen Zelle zwei identische Chromosomensätze angelangt. Neue Kernhüllen bilden sich, der Spindelapparat wird aufgelöst, und eine neue Zellwand wird gebildet, die die nun kompletten Zellkerne trennt und so aus der einen Mutterzelle zwei Tochterzellen macht, die zur gleichen Größe der Urzelle heranwachsen.”

Zu prüfende Kriterien für Autopoiesis nach M/V [aus dem Wikipedia-Artikel “Autopoiesis”, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Autopoiesis]:
“Um ein autopoietisches System zu sein, muss eine Einheit die folgenden Merkmale erfüllen:

  • Sie hat erkennbare Grenzen.
  • Sie hat konstitutive Elemente und besteht aus Komponenten.
  • Sie ist ein mechanistisches System: Die Relationen zwischen den Komponenten bestimmen die Eigenschaften des Gesamtsystems.
  • Die Komponenten, die die Grenze der Einheit darstellen, tun dies als Folge der Relationen und Interaktionen zwischen ihnen.
  • Die Komponenten, die die Grenze der Einheit darstellen, werden produziert von Komponenten der Einheit selbst oder entstehen durch Transformation von Elementen, die keine Komponenten sind, durch Komponenten.
  • Alle übrigen Komponenten der Einheit werden ebenfalls so produziert oder sind anderweitig entstandene Elemente, die jedoch für die Produktion von Komponenten notwendig sind.

Maturana und Varela wollten mit diesem letzten Punkt die Tatsache betonen, dass Organismen zwar Substanzen aus der Umwelt in sich aufnehmen, diese dabei jedoch sofort in verwertbare Baustoffe umwandeln. Substanzen dagegen, die für die Selbstreproduktion des Organismus keine Bedeutung haben, werden vom Organismus sozusagen ignoriert.”

In diesem Kontext wäre auch Originalliteratur von M /V  zu prüfen.

Thema 2: Technische Produktion als Allopoiesis? 

Eine Allopoiesis-Definition aus Principia Cybernetica Web, URL: http://pespmc1.vub.ac.be/ASC/ALLOPOIESIS.html
“the process whereby an organization produces something other than the organization itself. An assembly line is an example of an allopoietic system. See autopoiesis. (Francisco Varela)

The process of producing material entities other than those required for producing them. Most industrial production processes are allopoietic: An assembly line may produce cars but not the machines used in this form of production. Even reproduction in biology is allopoietic because the offsprings are materially distinct from the parent organism and occupy different spaces. Reproduction is not self-production. The primary value of the concept of allopoiesis is that it contrasts with autopoiesis.”

Thema 3: Ist das “Technium” von Kevin Kelly ein Fall von Autopoiesis?
URL: http://www.kk.org/thetechnium/

Thema 4: Kann die Autopoiesis von Technik u.U. mit der Maschinenkonzeption von Félix Guattari (re-)formuliert werden?

Thema 5: Sollte die Produktion technischer Artefakte (auto- / allopoietisch) gekoppelt werden mit “technischer Kommunikation” (inkl. dem Prozessieren zugehöriger Formen wie Konstruktionsanweisungen / -zeichnungen, Bauplänen, Modellen, etc.)? [Hier wäre dann auch eine Verbindung herstellbar zu Technik als einem “Funktionssystem” (im Bielefelder Sinne)]

Fallbeispiel: Die Erstellung einer modellgetriebenen Service Component Architecture-(Mini-)Anwendung (von requirements-Dokumenten über BPMN-Modelle hin zu exekutierbarem Code)

Thema 6: Welche Artefakte gehören zu Technik? Das Beispiel “Architektur”

Thema 7: Technik-Autopoiesis, selbstreplizierende Maschinen und artificial life

Schlußbetrachtung im Hinblick auf die drei Leitfragen

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Comments

  • kybernetiks  On June 28, 2012 at 12:39 AM

    wow, Peter, das ist wieder ein Programm !! Nur ist nicht absehbar, wie wir das erfüllen könnten. Mein Ansatz ist invers. Ich sage, was ich aktuell schon begreife und schaue, wo das allenfalls nicht passt, also zu Widersprüchen führt.
    Du hast sozusagen ein 5-Jahres-Plan und ich habe keinen Plan, sondern reagiere dialektisch, auf das was geschieht.

    Nur nebenbei: Wer sagt denn, wie Maturana was gemeint hat? Ich sage, was ich dort lese, also was ich wie interpretiere. Die Wikipedia ist genau in diesem Sinne geisteskrank. Sie hat kein Subjekt und kann Maturana gerade deshalb gar nicht re-präsentieren. der Kernsatz der ganzen Kybernetik lautet. Der Leser bestimmt, was gesagt wurde. Der Leser ist aber nicht wie bei Luhmann ein staatlich generalisierter Autor, sondern ein individueller Leser, der sich nicht vorschreiben lässt, was Professoren kraft ihres Amtes als richtig und wahr postulieren.

    Konstruktivistische Leser können und wollen nicht wissen, was Maturana gemeint hat. Nur konventionelle Leser können und wollen die richtige Interpretation. Mich interessiert, wie DU die Autopoiese siehst, nicht wie sie richtigerweise gesehen wird.

    Mich interessiert nicht Dein obiges Programm, sondern wie DU es umsetzen wirst. Ich bin auf alle Deine Texte dazu sehr gespannt.

  • PB  On June 28, 2012 at 8:21 AM

    Moin Rolf – nur schnell geantwortet (I´m in a hurry right now ):

    1) “Ich sage, was ich aktuell schon begreife und schaue, wo das allenfalls nicht passt, also zu Widersprüchen führt.”
    Der aktuelle Wissensstand zu AP ist derzeit in “keinster” Weise ausreichend. V.a. müssen eine Begriffs- und Theoriearbeit her auch mit Blick auf entspr. “Prüfkriterien” und die Entwicklung einer “wie fkt. das genau?”-Erklärung = kybernet. Mechanismus.
    Ansonsten sollte der Ausdruck “AP” für ein Techniksystem “nicht verwendet” werden. Denn wenn wir nur mit Vagheiten (Analogien, Assoziationen, etc.) “herumspielen”, erübrigt sich jede Diskussion: just a waste of time.

    2) ” der Kernsatz der ganzen Kybernetik lautet. Der Leser bestimmt, was gesagt wurde. ”
    Unterschreibe ich nicht, denn das öffnet dem Unsinn, der Idiosynkrasie und der Beliebigkeit Tür und Tor. Und es gibt Leser, die lesen Texte noch nicht einmal, sondern reimen sich wild irgend etwas zusammen (Luhmann hat das – leider (!) – mit seinem antihermeneutischen Bastelgestus tw. getan, Habermas hat das in seinem “Moderne”-Buch getan und mir fallen noch einige andere ein).
    Kurzum: “nicht jede” Interpretation / Konstruktion ist automatisch auch “valide”. Wir wissen zwar nicht, welche Interpretation die einzig wahre ist, aber man kann idR sagen, welche Interpretationen oberflächlich, absurd oder einfach nur dummes Zeug sind (= Falsifikationsprinzip).

    Ich könnte das mit Texttheorien (hermeneutischem Prinzip, Derridas genauer Kommentierung stabiler Textsinnschichten, u.ä.) genauer ausführen, but no time for tango today.
    Es ist daher nicht wichtig, was Maturana oder ein Professor xy wirklich wirklich “gemeint” hat (wer weiß das schon?). Aber es ist wichtig, wie welche Interpretationen belegbar sind.
    Und eine AP-Unterstellung ohne irgendwelchen Prüfkriterien, bei der der RK-Beobachter(in) fest legt, was er / sie will, mündet im worst case einfach nur in irgend welche Beliebigkeiten und Idiosynkrasien.
    Das braucht jedoch “niemand” und ist nur eine Verschwendung von Lebenszeit.

    So, bis nächste Woche. Ich hoffe, daß ich Ende nächster Woche den ersten Blog-Post zum AP-Sommerprogramm schreiben und das dann im 14-Tage-Rhythmus fortsetzen kann. Da ich nicht viel Zeit im Moment habe, kann sich das aber auch
    verzögern.

    CU
    ~Peter

  • PB  On June 28, 2012 at 9:28 AM

    Hier noch eine Lackmustestfrage zur AP, die mir kam, während ich auf dem Sprung bin:
    * Zellen können andere Zellen erzeugen, ohne daß es auf externe Information ankommt (was wird wie wie oft … produziert?) -> AP
    * Bei der Artefakt-Produktion sind solche Informationen notwendig (welche Arten / Formen mit welchen Materialien in welchen Menge, etc produzieren?) -> Allopoiese.

    Wenn Du also ganz ohne externe Prozessoren bei Technik auskommen willst, weil Du davon abstrahierst / sie ignorierst, dann solltest Du auch von allen Inputs (z.B. obigen Informationen, auch in der Form von sozial zirkulierenden Entwicklungsdokumenten, u.ä.) “abstrahieren”. Nur: Was bleibt dann von der Artefakt-Produktion übrig? Ich meine: nada -> keine AP.

  • kybernetiks  On June 28, 2012 at 10:26 AM

    >> ” der Kernsatz der ganzen Kybernetik lautet. Der Leser
    >> bestimmt, was gesagt wurde. ”

    > Unterschreibe ich nicht, denn das öffnet dem Unsinn, der
    > Idiosynkrasie und der Beliebigkeit Tür und Tor.

    Lieber Peter, WAS unterschreibst Du hier nicht:
    a) dass es sich um die Kernaussage der Kybernetik handelt
    b) die Aussage als solche

    zu a) Die Aussage stammt von N. Wiener, dem Erfinder der Kybernetik und sie wird von sehr viel Kybernetikern (und radikalen Konnstruktivisten) wiederholt.

    zu b) Die Aussage steht in einem Kontext, der meines Erachtens in dem Sinne beliebig ist, als er geliebt wird oder nicht, aber jeden Unsinn ausschliesst. Dieser Kontext heisst Kybernetik – und versteht Kybernetik als Kommunikationstheorie (allerdings als kybernetische, nicht als Geschwafelkommunikation)

  • kybernetiks  On June 28, 2012 at 10:35 AM

    >> * Zellen können andere Zellen erzeugen, ohne daß es auf
    >> externe Information ankommt (was wird wie wie oft …
    >> produziert?) -> AP

    Hast Du jemals gesehen, wie eine Zelle eine Zelle “erzeugt” oder “herstellt”?

    Ich kenne die Beschreibung einer sogenannten Mitose, in welcher beobachtet wird, dass sich Zellen teilen und dabei neue Zellen entstehen. Aber zu sagen, dass eine Zelle eine andere erzeugt, ist sprachlich eine ganz andere Beschreibung, die zunächst SINNlos ist, und erst als Autopoiese ihren Sinn bekommt. Dann aber genau insofern,
    als niemand die Zellen – vor allem auch die erste (!) nicht – herstellt.

  • kein Leser  On June 30, 2012 at 5:54 PM

    “Der Leser bestimmt, was gesagt wurde. ”
    Wie hat denn der Leser über das Gesagte bestimmt? Was hat denn der Leser über das geschrieben, was geschrieben wurde?

    • kybernetiks  On July 1, 2012 at 9:54 AM

      wer kein Leser ist, müsste vielleicht N. Wiener fragen, wie er es gemeint hat. Ich bin ein Leser.

  • Wigbert  On July 1, 2012 at 8:57 PM

    Warum sollte es nicht möglich sein, ein als statisch gedachtes “Konzept” einem anderen Kontext aufzupfropfen? Es zu de- und rekontextualisieren. Die Möglichkeit solcher Transplantationen ist bereits mit den Grundlagen der Zeichentheorie gegeben.

  • kybernetiks  On July 2, 2012 at 12:32 AM

    ja, Wigbert, sag doch noch etwas mehr dazu, das wär hier ja der Sinn: alles ist möglich, wenn sich jemand dafür findet

  • Wigbert  On July 6, 2012 at 10:00 AM

    Das Wenige, was ich dazu zu sagen im Stande wäre, bestünde darin, mein Unbehagen an der investigativ-interrogativen Ausgangsstellung, dem Fragenkatalog, der an ein Polizeiverhör oder Einbürgerungstest erinnert, zu bekunden.
    Dergestalt auf der Basis von “Kann man/kann man nicht?”, “ist es möglich oder nicht?”, “sollte oder sollte nicht?”-Konstruktionen operierende Heuristiken werden im Bereich theoretischer Modelle tatsächlich immer auf die Antwort hinauslaufen müssen: “Why not? Alles ist möglich, sogar und vor allem das Unmögliche!”
    Geht es darüber hinaus um Übertragbarkeit, Transplantabilität, so deutete ich bereits an, dass auch Peter zugeben werden muss, dass nur auf ihrer Grundlage (dem “Faktum” der Heraustrennbarkeit eines Elements aus seinem differentiellen Kontext und dessen Rekontextuierung) die Auto- und Allopoiesismodelle überhaupt entwickelt werden konnten.
    Poiesis ist, wenn man für einen Augenblick so kühn sein wollte, ihm eine aller metaphorischen Verwendung vorausgehende Bedeutung zuzuschreiben, Poiesis ist ein zunächst technischer Begriff. Bezeichnet das Machen einer Technik. Und zwar, bei Aristoteles, ein Machen dessen Zweck gerade NICHT in sich selbst gelegen ist. Die Herstellung eines Werksstücks etwa. Poiesis bei Aristoteles kennzeichnet eo ipso technische Allopoiesis.
    Adaptieren Maturana und Varela nun diesen Terminus für ihr Konzept, eignen ihn sich in ihrem Sinne an, verschieben sie sein früheres “Sagenwollen” in Richtung von dessen Gegenteil. Nicht lange gezögert haben werden die beiden, auf die Frage: “Ist es möglich diesen Begriff einer technischen Allopoiesis im Sinne einer phyischen Autopoiesis, also ganz anders zu verwenden als bisher?” mit: “Ja, natürlich. Tun wir es einfach.” zu antworten.

    Zu konkretisieren wäre nun allenfalls, inwiefern das Verhältnis von Fremd- und Selbstreferenz, was im Poiesisbegriff selbst gelegen ist, nicht weiter kompliziert werden muss, über die Kontrastierung zweier Alternativen (von auto- und allo-) hinaus. Ebenso wäre das Entweder/Oder von physisch (biologisch) und technisch neu zu überdenken, hin zu einer “sich selbst als anderes herstellenden Natürlichkeit von Technik.” Oder: “ein Anderes als sich Selbst herstellende Technizität von Natur.”

    • Peter Bormann  On July 11, 2012 at 3:25 PM

      Hi Wigbert & Rolf (nur flott geantwortet -> being busy),

      * investigativ-interrogative Ausgangsstellung:
      Worum es mir geht, ist, daß wir “Technik = Autopoiesis” als zu prüfende These ansehen. Und dann (mit Blick auf obige oder andere Fragen) entsprechend kritisch-reflexive Prüfungen durchführen. Das ist m.E. wissenschaftlicher Usus in allen Fächern. Denn es ist nicht sinnvoll, eine Behauptung “ohne” jegliche Prüfung als Wissen zu akzeptieren. V.a. wäre kein Basta-Stil sinnvoll à la: “Technik = AP. Ende der Diskussion.”, wenn wir gerade am Anfang einer solchen Diskussion stehen. Oder?

      > theoretischer Modelle tatsächlich immer auf die Antwort hinauslaufen
      > müssen: “Why not? Alles ist möglich, sogar und vor allem das
      > Unmögliche!”
      Das würde ich mit einem dezidierten “Jein” kommentieren :-)
      Einerseits ist es anfänglich sinnvoll, sich nicht irgendwelche Denkgrenzen aufzuerlegen, weil dadurch ggf. interessante und kreative Lösungen von vornherein gekillt werden (vielleicht wiederum im Basta-Stil: “gibt`s nicht –
      geht nicht”).
      Andererseits ist die Frage, was überhaupt möglich ist, nur sinnvoll zu beantworten, wenn irgend welche “Prüfungen” durchgeführt werden. Ansonsten kann jeder Unsinn behauptet werden:
      * “Engel oder sonstige Geistwesen kümmern sich allopoietisch um eine technische Autopoiese”,
      * “Außerirdische intervenieren in die menschliche Technik-Dynamik” [immerhin haben sie ja auch schon Pyramiden in Ägypten gebaut],
      yada yada yada.
      En bref, es kann vieles behauptet werden, wenn der Tag lang ist. Aber erst Prüfungen erweisen, was möglich / nicht möglich ist. Ohne Prüfungen ist theoretisch alles möglich: jeglicher Unsinn inkl.

      > Geht es darüber hinaus um Übertragbarkeit, Transplantabilität, so
      > deutete ich bereits an, dass auch Peter zugeben werden muss, dass nur > auf ihrer > Grundlage (dem “Faktum” der Heraustrennbarkeit eines
      > Elements aus > seinem differentiellen Kontext und dessen
      > Rekontextuierung) die Auto- und > Allopoiesismodelle überhaupt
      > entwickelt werden konnten.
      Volle Zustimmung.
      Aber wenn ich einen wiss. Begriff (spontan fällt mir “fraktal” ein) aus der fraktalen Geometrie Mandelbrots z.B. in die Sozialwissenschaft übertragen möchte (-> “fraktale Politik”, “fraktale Kommunikation”, etc.),
      dann liegt nicht eo ipso ein sozialwissenschaftlich relevantes “Konzept” vor.
      Es ist eine entsprechende Begriffs- und Theorie”arbeit” (zugehörige “Prüfungen” inkl.) notwendig, damit “Fraktales” als entsprechender Begriff in den Sozialwissenschaften einleuchten kann.

      Dito für “Autopoiesis” (und Rolfs Verweis auf Darwins Evolutionstheorie).
      Derzeit leuchtet mir (unter Rekurs auf Soziales) freilich eher eine “technische Allopoiesis” ein, ohne daß man das traditionell mit Akteurspositionen kurzschließen muß. Aber vielleicht müssen wir das von “selbstreplizierenden Maschinen” her neu durchdenken.
      Icn bin bei diesem Thema weder dogmatisch noch irgendwie festgelegt.

      Weiterhin könnten wir uns die Anwendung der Evolutionstheorie beim Sprach- und Medienwandel anschauen, die anscheinend (aber ich habe das bislang nur kurz gescannt, so daß ich mich täuschen könnte) nicht recht zu überzeugen vermag. Denn ein zentraler Kritikpunkt ist folgender:
      Weder sprachliche Formen im Speziellen noch mediale Formen im Allgemeinen können “selbst operieren”. Wenn sie aber “nicht selbst operieren” können, wie ist dann eine mediale Autopoiese möglich? Und wenn kein mediales Operieren / keine mediale Autopoiesis unterstellt werden kann, macht dann die Rede der medialen Evolution überhaupt Sinn?

      In der Bielefelder Systemtheorie wird daher davon ausgegangen, daß Sinnsysteme “operieren”, während orthogonal dazu Medienformen prozessiert werden. Diese Überlegung ist für mich (mutatis mutandis) derzeit am ehesten auch bei “technischen Artefakten” plausibel. Aber wie erwähnt: mit Blick auf “selbstreplikative Maschinen” muß das womöglich in Frage gestellt werden.

      Nicht einleuchtend finde ich Rolfs Replik mit Blick auf Autos produzierende Autofabriken: Wenn man von Maturana / Varelas AP-Konzept ausgeht, dann mußten
      Autofabriken “operativ selbst (!)” gleichartige Autofabriken generieren können. Das tun sie aber – aus einer “strikt operativen” Sicht – gerade nicht, sondern solche Fabriken stellen (allopoietisch) etwas anderes her als sie selbst [auch wenn eine Fabrik operational direkt eine andere Art von Fabrik herstellen könnte, wäre keine Autopoiesis, sondern Allopoiesis] -> keine AP.

      ***
      Einschub: Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen “Autopoiesis” und “Selbstreplikation” (sensu: Erzeugung “gleichartiger Kopien” von sich selbst)? Oder ist das identisch? Bei Autopoiesis sind m.E. Minimalvariationen impliziert, so daß das nicht einfach nur eine pure Selbstreplikation wäre.
      ***

      Natürlich kann man von einer Abfolge ausgehen wie: Manufakturen -> einfachen Fabriken … bis hin zu hochcomputerisierten (z.B. Wafer-) Fabriken.
      Aber der Wissens- und Erfahrungstransfer (von mathematisch-technisch-naturwiss. Wissen bis hin zu Bauplänen, Konstruktionsanweisungen, Prototypen, Modellen, etc. ), der bei beim Bau solcher Industrieanlagen notwendig ist, ist m.E. nicht zu erklären, ohne Rekurs auf “Soziales” und damit Kommunikation. Das heißt auch generell, daß überhaupt keine technische Produktion (von der Benutzung, Modifikation, etc. technischer Artefakte ganz zu schweigen) möglich ist ohne “Soziales” – so zumindest meine These.
      Wenn nun von den entsprechenden Prozessoren, hier verstanden als Sinn- und Körpersystemen, abstrahiert wird, dann sollte bspw. auch nicht auf entsprechendes handwerkliches, ingenieursmäßiges, etc. Wissen rekurriert werden. Dieses “Wissen” ist aber für technische Produktionen” (gerade in der Moderne) zentral!
      Analog für die ganze politische, juristische, ökonomische, etc. “Entscheidungsproblematik”, die darüber mitbestimmt, was wie in welcher Menge und in welcher Qualität wo, etc. technisch produziert werden soll. Hier wirken also “nicht-technische Constraints” auf die Technik.

      Vor diesem Hintergrund lassen sich sowohl die technische als auch die mediale “Vielfalt” von Formen / Artefakten vermutlich eher erklären durch Verweis auf “soziale Evolution”, wobei im sozialen Operieren entspr. technische und mediale Variationen, Selektionen und Retentionen anfallen mit Blick auf mediale und technisch-artefaktische variety pools. Das wäre meine Gegenthese sowohl zu Rolf als auch zu Kevin Kellys “Technium”, die beide m.E. das Soziale außen vor lassen, so daß aber auch jegliche technische Produktion, Benutzung, Modifikation, usf. “nicht erklärt” werden kann.

      Solche und ähnliche Fragen sind meiner Ansicht nach jedenfalls zu diskutieren und dabei kritisch-reflexiv zu prüfen. Ansonsten bleibt die These von der Technik-AP einfach nur eine (inhalts-)leere Behauptung, die für nette Analogie- und Assoziationsbildungen taugen mag à la:
      * Bienen erzeugen Bienenstöcke
      * Abstrahiere von den Bienen
      -> Bienenstöcke erzeugen Bienenstöcke.
      Heureka: Das ist der Nachweis der Autopoiesis von Bienenstöcken :-o

      @Rolf: Das ist in Kurzfassung doch Deine “These”, oder? Die Frage bleibt:
      Wenn Bienenstöcke “nicht selbst” operieren, so daß auch keine Bienenstockoperationen an andere Bienenstockoperationen anschließen, dann können Bienenstöcke auch nicht einfach andere Bienenstöcke hervorbringen. Ergo: Von der sogenannten “Autopoiesis der Bienenstöcke” bleibt nichts übrig.
      Dito für Medien-Autopoiesis: ein Satz, der nicht prozessiert (z.B. gelesen / geschrieben) wird, existiert nicht -> keine Medienautopoiesis [ein Satz bringt folglich nicht aus sich heraus andere Sätze hervor].
      Dito für die meisten technischen Artefakte [Ausnahme: selbstreplizierende Maschinen, etc.]: eine Uhr, ein Auto, etc. erzeugt nicht “aus sich heraus” (!) Uhren, Autos, etc. der gleichen Art -> keine Selbst-Operation -> keine AP.
      Zellen, wenn ich M/V nicht völlig falsch interpretiere, erzeugen “aus sich heraus (!) operativ aber Zellen der gleichen Art [-> Zellteilung]. Und das entspräche einer “Auto-Poiesis” (im biologischen Sinne). Die Geburt eines Babies durch eine Frau wäre dagegen keine Autopoiesis, sondern Allopoiesis.

      Abschließend noch eine Bemerkung zu Derridas “grafting”:
      Ich wüßte nicht, daß Derrida mit seinem “grafting”-Ansatz je für eine konzeptuelle Laxheit eingetreten wäre, sensu: jegliche Prüfungen und jedwede Begriffs- und Theoriearbeit sind überflüssig. Zumindest habe ich das weder in seinem Seminar in Paris erlebt, noch je in seinen Schriften gelesen.
      Derrida würde ich eher als eine Art “hyperrationalen” Leser ansehen, dessen Dekonstruktionen hermeneutische Anstrengungen bis in ihr Extrem treiben, ohne daß das gleichbedeutend wäre mit einer idiosynkratischen “Beliebigkeit” der Lektüre, quasi: “ich behaupte irgend etwas – am besten: ohne jemals gelesen zu haben, was ich da interpretiere.”
      Letzteres hat weder mit Dekonstruktion noch mit Derrida etwas zu tun. Man sollte folglich Derrida (bzw. seinen Ansatz) nicht für eine “alles = möglich = beliebig”-Position miß(ge)brauchen.
      Natürlich kann man das und alles Mögliche “behaupten” – aber ohne entsprechende Prüfungen bleiben solche Behauptungen…

      Grüße
      ~Peter

      • Peter Bormann  On July 11, 2012 at 4:30 PM

        Nachtrag zu “Technik als AP-These”:
        Die “Grenze” eines autopoietischen Technik-“Systems” läßt sich m.E. nicht einfach angeben als “Menge der technischen Artefakte”.

        Denn genauso wie die Menge der Worte einer Sprache nicht zur “Autopoiesis der Sprache” führt (Sprachelemente werden prozessiert, prozessieren sich aber “nicht selbst”), führt auch eine Anzahl von Sandkörnern nicht einfach zu einer Sandburgen-Autopoiesis. Ohne AP aber kein ap System -> auch keine entsprechende Systemgrenze.
        Dito für technische Artefakte.

        Daher meine These:
        Kein selbständiges Operieren -> keine AP -> kein operational geschlossenes und autopoietisches System (als Sprache / Medien, als Sandburgen, als technische Artefakte) -> keine Systemgrenze -> keine technische oder mediale Evolution, sondern eine soziale Evolution, die eine entsprechende mediale und technische Vielfalt (Komplexität) generiert.

        ~PB

        • Rolf Todesco  On July 13, 2012 at 11:40 AM

          und nochmals
          Eine Sandburg ist etwas anderes als eine Menge Sandkörner – aber davon ist hier nicht die Rede.
          Die Menge der Artefakte bildet im autopoietischen Sinne ein System, weil es eine genau festgelegte Grenze zur Umwelt hat. Wie sich des System erzeugt ist damit in keiner Weise angesprochen, nur dessen Skin (Systemgrenze). Aber natürlich ist diese Aussage nur innerhalb einer Theorie sinnvoll, in welcher Systemgrenzen wichtig sind.. Wenn man gar keine Theorie hat oder beliebig viele Theorien aufmischt, mag man alles ganz anders beobachten.

          • Peter Bormann  On July 13, 2012 at 12:57 PM

            >Die Menge der Artefakte bildet im autopoietischen
            > Sinne ein System, weil es eine genau festgelegte
            > Grenze zur Umwelt hat
            Das kann ich bei bestem Willen nicht mehr nachvollziehen. Denn: ich kann eine Menge von Medienformen beobachten (Bspl.: ein Lexikon mit Wörtern). Dann liegt mangels (Eigen-)Operativität dieser Medienformen trotzdem keine Autopoiesis vor. Kurzum: wo nichts selbst operiert (zumindest wenn es nicht plausibel und nachprüfbar beobachtet werden kann!), ist auch keine Autopoiesis zu unterstellen.

            So wie das für Medienformen gilt, trifft das auch auf technische Artefakte zu. Ich sehe da keinen przp. Unterschied – zumindest wenn man Deine Argumentationsweise zugrunde legt.

            Du könntest nach Deiner Logik übrigens auch einfach schreiben:
            “Ich kann eine Menge von Steinen beobachten, dann ist das auch ein autopoietisches System mit einer Grenze zu seiner Umwelt (den Nicht-Steinen). Heureka: Autopoiesis!”

            Eigentlich läuft Deine Argumentation nur auf Folgendes
            hinaus: Ein RK-Beobachter behauptet das, was ihm gefällt. Basta”. Seufz :-(.

            Vielleicht ist das mit dem Sommerprogramm doch keine gute Idee, weil das mit Dir zu einer Diskussion zu verkommen droht, die sich letztlich primär um “Idiosynkrasien” ohne großen Erkenntnisgewinn dreht.
            Aus mood- und mind-Management-Gründen ist es vielleicht sinnvoller, mich ausschließlich um die Ausarbeitung eines systemtheoretischen Funktionssystems “Technik” zu kümmern. Diese AP-Diskussion macht für mich eigentlich keinen Spaß und keinen Sinn mehr, wenn`s immer nur auf “Basta-Idiosynkrasien” herauslaufen sollte. Nun ja, das muß ich mir die nächsten Tage überlegen, wie am besten weiter vorgegangen werden sollte..

            ~Peter

            .

            • Rolf Todesco  On July 13, 2012 at 2:10 PM

              ok

      • Rolf Todesco  On July 13, 2012 at 11:24 AM

        Peter, ich sage gerne noch einmal, was ich mit “Autopoiese” meine, denn es scheint mir offensichtlich etwaas gaaanz anderes, als was Du bezeichnest.
        Ich bezeichne damit eine Theorie, eine Anschauungsweise. Es ist für mich ein theorietheoretisscher Begriff. Ich meine also in keinster Weise etwas über Bienenstöcke oder Autofabriken zu sagen, sondern ich sage etwas darüber, was ich durch welche Brille beobachte. Wenn ich – in diese autopoietischen Sprechweise – sage, dass ein Bienenstock einen Bienenstock hervorbringt, dann beobachte ich damit eine Abfolge von” Bienensstöcken”, deren Erscheinen etwas miteinander zu tun hat. Jeder Bienenstock beruht darauf, dass es zuvor Bienenstöcke gegeben hat. In genau diesem Sinnen bringen Bienenstöcke Bienenstöcke AUTOPOIETISCH hervor. Ich kann Bienenstöcke ohne weiteres durch ganz andere Theorien beobachten, ich kann sie quasi theorielos sagen, dass sie von Bienen hergestellt werden (wie wenn Bienen etwas “herstellen” könnten (was ja schon Marx als konfuse Sichtweise bezeichnet hat)).

        Als Autopoiese bezeichne ich die Sichtweise DURCH (dia) das Produkt dieser Sichtweise. Dass eine Zelle eine Zelle erzeugt, odr dass eine Autofabrik eine Autofabrik hervorbringt ist ein Beobachtungsframe, den ich dann inhaltlich auffüllen kann. Autopoiese sagt also praktisch noch nichts und GANZ sicher nichts über wirkliche Bienenstöcke oder Fabriken.

        Was Du als Autopoiese bezeichnest ist mir noch nicht klar. Dass eine Mutter ein Kind erzeugt oder produziert, ist das genaue Gegenteil der autopoietischen Sicht. Das Kind erzeugt sich selbst, die Mutter ist Umwelt dieses Prozesses und was im Begriff Autopoiese angesprochen wird, ist die Beobachtung, dass die Kinder, die sich selbst erzeugen einander extrem ähnlich sind – eben wie die Autofabriken einander sehr ähnlich sind.
        Zellteilung ist auch eine ganz andere Geschichte, die- für mich – nicht hierher gehört. Es geht hier nicht darum, was Maturana gemeint hat, weil das weiss niemand. Es geht hier darum, was wir meinen.

        • Peter Bormann  On July 13, 2012 at 12:08 PM

          Nur schnell (bevor ich mich wieder anderem zuwenden muß):
          1) “Es ist für mich ein theorietheoretisscher Begriff”
          Zustimmung. Und das heißt für mich: “Begriffs- und Theoriearbeit”, die entspr. Prüfungen impliziert. Also keine Basta-Definition: “Wenn ich keine Allopoiesis mag, dann ist das Autopoiesis. Basta” Letzteres kann niemand nachvollziehen.
          2) Meine Frage ist ganz simpel: “Wie kann etwas autopoietisch operieren, wenn
          es nicht operiert”?
          > dann beobachte ich damit eine Abfolge von” Bienensstöcken”, deren
          > Erscheinen etwas miteinander zu tun hat. Jeder Bienenstock beruht
          > darauf, dass es zuvor Bienenstöcke gegeben hat.
          Das ist für mich einfach nur “analogisches” Denken. Ich kann Ähnlichkeiten zwischen allem Möglichen sehen: zwischen Steinen, Bienenkörben, Medienformen oder technischen Artefakten (Werkzeugen, Häusern, etc.).
          Wenn aber weder die Steine noch die Bienenkorbe noch bspw. Worte und auch nicht Artefakte (Hämmer, Toilettenschlüsseln , was auch immer) “operationsfähig” sind, dann sollte eine Beobachtung von Analogien in diesem Fall nicht von “Autopoiesis” im Sinne von “operationaler Selbstreproduktion” (und übrigens auch nicht von Evolution!) sprechen.
          Denn etwas, das nicht als (nachprüfbar!) “operativ” zu beobachten ist, kann sich auch nicht aus sich heraus irgendwie autopoietisch reproduzieren. Falls das doch behauptet wird, dann liegt die Erklärungslast, wie das genau funktionieren kann, bei demjenigen, der so eine Behauptung aufstellt.
          “Ich meine, definiere, setze, beobachte, etc. das ab so”, ist freilich “keine” Erklärung. Und das gilt völlig unabhängig davon, ob man sich auf realistische oder konstruktivistische Positionen beruft!

          Dein Argument heißt für mich eigentlich nur:
          “Ich ignoriere jede Allopoiesie bzgl. xy, dann ist xy Autopoiese.”
          Und dann kommt die Rechtfertigung (ohne jede weitere Erklärung, Prüfung, etc.): “Radikalkonstruktivistische Beobachter können das so beobachten = behaupten. Basta”.
          Das steht im Widerspruch zu “jeder” Wissenschaftsdisziplin, die ich kenne. Man erwartet so etwas in pseudowissenschaftlichen Kontexten (Astrologie, Esoterik, etc.), in Ideologien oder in Religionen. Mit wissenschaftsorientierter Begriffs- und Theoriearbeit hat das m.E. nichts gemein!

          3)
          Rolf: > Dass eine Mutter ein Kind erzeugt oder produziert, ist das genaue Gegenteil der > autopoietischen Sicht
          Peter: “Die Geburt eines Babies durch eine Frau wäre dagegen keine Autopoiesis, sondern Allopoiesis.” [siehe oben]

          4) >Es geht hier nicht darum, was Maturana gemeint hat, weil das weiss
          > niemand. Es geht hier darum, was wir meinen.
          Maturana oder Varela als Autoren (sensu: konkrete Personen) sind hier irrelevant. Es geht darum, welche Interpretationen sich an den jeweiligen Texten plausibilisieren lassen (= Rekonstrukton von Textsinn). Und das schließt aus, daß wir hier Beliebiges meinen und uns dann auf den Ansatz von M/V berufen können.
          Zudem “Meinen” / “Behaupten” / “Definieren” (oder irgend welche Sprachspielereien) reichen für eine “Begriffs- und Theoriearbeit” in keinster Weise aus. Beispiele:
          * Du meintest vor einiger Zeit, “Ideologie” = Wahnvorstellung, Halluzination.
          Das ist ein diskreditierender Gebrauch, der auf Napoleon Bonaparte gegenüber den idéologues zu Beginn des 19. Jhd.s zurückgeht und wohl auch mit der Sein-Schein-Semantik in Verbindung gebracht werden kann. Als Beitrag zur Tradition der Ideologie- und Latenzkritik ist das freilich weitgehend “unbrauchbar”. Das entspricht nur einem groben Alltagsverständnis.
          * Du meintest ebenfalls das Macht = die Differenz von “Behauptung / Behauptungsdurchsetzung”. Das ist kaum nachzuvollziehen, denn:
          – alter kann behaupten: “Es wird Regen geben.”
          – ego kann entgegnen: “Ja. Da sind schwarze Wolken am Himmel.”
          Gleichfalls, überhaupt kein Beitrag zur Konzeptualisierung von “Macht”, denn dazu sollte man schon die einschlägigen Machtkonzeptionen (Weber, Foucault, Luhmann, etc.) kennen!
          Ich werfe Dir nicht vor, daß Du Dich in den besagten Theorietraditionen nicht auskennst. Aber diese Beispiele sollen verdeutlichen, daß bloßes Meinen / Behaupten, Definieren, (Voraus-)Setzen, u.ä. weder kritisch-reflexive Prüfungen noch Kompetenz- und Wissensdefizite zu kompensieren vermögen.
          Wenn ich also z.B. von Froschkunde keine Ahnung habe, dann kann ich
          trotzdem alles Mögliche bzgl. Fröschen behaupten, z.B.: “Wenn man Frösche nur oft genug gegen die Wand knallt, dann werden Prinzen daraus”.
          Das kann ich durchaus behaupten. Das ändert freilich nichts daran, daß ich von Froschkunde keine Ahnung habe – und das ändert auch nichts daran, daß die Frösche hinterher “Matsch” wären, der die Wand entlang rutscht [nun ja: Das ist eklig und froschfeindlich, daher tue ich das realiter auch nicht :-)].

          Fazit: Es reicht nicht aus frisch, fröhlich, frei und dilettantisch zu texten, was wir bzgl. AP irgendwie “meinen”. Denn dann wählen wir den Ausdruck “Autopoiesis” einfach aus dem Grunde, weil er so ein gewisses “Je ne sais quoi” hat.
          Die Frage an Dich bleibt daher: Wie operiert xy autopoietisch, wenn es nicht selbst operiert? Das gilt für Bienenstöcke und Sandkörner, aber auch für Medienformen und technische Artefakte. Solange Du diese “Wie fkt. das genau?”-Frage zumindest mit Blick auf technische Artefakte nicht zu beantworten vermagst, verbleibst Du einfach nur bei Assoziations- und Analogiebildungen: Das ist “nett” – nothing more (v.a. ohne großen Erkenntniswert).

          Nice WE
          ~Peter

          • Rolf Todesco  On July 13, 2012 at 2:07 PM

            Peter, in meiner Wortverwendung bezeichnet die Autopoiese eine bestimmte Beobachtungsweise, also eine Operation eines operierenden Beobachters. Ich verstehe nicht, warum Du meinst dass Bienenstöcke operieren können müssen, wenn ich sie operierend beobachte.
            Und ich glaube Dir gerne dass Du Aehnlichkeiten zwischen Steinen und Bienenstöcken sehen kannst. Ich meine aber genau die Aehnlichkeit, die ich zwischen Bienenstöcken beobachte, die dazu führt, dass ich von Bienenstöcken und eben nicht von Steinen spreche.
            Und wenn Du die Mutter also allopoietisch siehst, dann ist das auch von einem eigenen Wortverständnis geprägt. Ich verwende allopoietisch für die Herstellung von Artefakten, wenn ich einen Hersteller in die Beobachtung einführe, also wenn ich die Sache SO und nicht autopoietisch beobachte.

  • kybernetiks  On July 7, 2012 at 1:02 AM

    Wigbert, ja – danke für die Erläuterung und die Kontextvariante “Aristoteles-Poiesis” die ein Leser natürlich einbringen kann, weil der Leser auch darin autonom ist. Aber autonomerweise lese ich ganz anders ohne dafür Gründe zu haben, die andere auch haben müssten.
    Ich finde sinnvoll, wenn wir unsere Leseweisen erläutern und so Vielfalt erzeugen

  • Wigbert  On July 7, 2012 at 10:44 AM

    “weil der Leser auch darin autonom ist. Aber autonomerweise lese ich ganz anders ohne dafür Gründe zu haben, die andere auch haben müssten.”

    Mit der Autonomie hat es dort seine Grenzen, wo jeder von uns für sich zugeben muss, dass er nicht ohne weiteres fähig ist, von seiner höchstpersönlichen Lesart – es sei denn mit Vorsatz und unter gut kontrollierten Versuchsbedingungen – Abstand zu nehmen.
    Verurteilt und verdammt dazu, die Dinge aus der Warte spezifischer Jemeinigkeit heraus betrachten zu müssen, wird solche Autonomie dann zu einer Art von Zwang, determiniert von rigorosen constraints.
    Autonom wäre man wohl erst dort, wo solcher Autonomie die Selbstbefreiung von sich gelänge.

  • kybernetiks  On July 7, 2012 at 12:24 PM

    das sehe ich im Prinzip auch so, aber wohl nicht so als Problem. Ich sage allenthalben durch diese oder jene Theoria sehe ich das so oder so. Ich bin nicht auf eine einzige jemeinigkeit gezwungen, ich bin autonom.
    Poiesis kann ich wie Aristoteles “lesen”, aber ich muss nicht. I feel free. Und das lass ich mir natürlich von ein paar Kulturpessimsten nicht ausreden. Ich willige aber sehr gerne ein, zu sagen, dass meine Autonomie eine ganz Unwichtige Sache ist und dass wir deshalb viel besser verschiedene Leseweisen zusammenstellen und als solche stehen lassen (unbesehen, wer dann zu welcher fast autonom gezwungen ist).

  • Thomas Schneider  On July 13, 2012 at 8:55 PM

    bin über Google-Allert hier vorbei gekommen und würde glatt 10 Punkte vergeben – an wen auch immer – dafür, dass die AP weiter diskutiert wird! (Auch wenn ich noch nicht heraus bekommen habe, für was dieses Sommer-Programm gedacht ist).

    Hier ein paar grundlegende Beschreibungen die bei der einen oder anderen Zuordnung helfen können.

    “Aufrechterhaltung der Organisation mittels Struktur-Austausch” = eine anhaltende Dynamik die sich selbst aufrecht erhält. Also keine Verarbeitung, keine Nische, keine Umwelt, keine Technik, sondern erst einmal Gleichgewicht! Aber nicht Waagebalken sondern Homöostase. Zum Anschauen in 3D: http://www.youtube.com/watch?v=d6BNpi2Xd9M

    Strukturen erkennen/unterscheiden buchhalten, steuern, kommunizieren sind nicht Aktionen zum An- und Abschalten sondern Teile vom Ausgleichsprozess, (dem ständigen Gegendrehen, das in der Animation mit dem Muster gezeigt wird).
    Das Ding/dieser Blubb/diese dynamische Spannung = dieses lebende System hält sich dauerhaft inmitten von allem anderen das fließt, nicht konstant ist (das was die Physiker mit “Unschärfe”, “größte/kleinste annehmbare Materie-Dichten”, “dissipative Strukturen”, “Strings”, “Teilchen-/Wellen-Zuordnungen” in möglichst wenig Theorien zusammen zu fassen suchen).

    Hey: Panta rhei! Ist gut – 10 Punkte an Heraklit für Durchblick!
    Keine Vorstellung davon? Mahl hier hersehen, bitte:
    http://sohowww.nascom.nasa.gov/gallery/Movies/latest.html
    – das ist die Eingangsseite, nehmen Sie das Vidoe oben rechts – in hi-res wenn irgend möglich:
    http://sohowww.nascom.nasa.gov/gallery/Movies/10th/SOHO_EIT.mpg
    – gell?

    Wieso dann nicht Soziologie und Technik davor?
    Weil das nur allerkleinste Varianten des Selbstausgleichs sind – für eine Erklärung dessen was da passiert im lebenden System völlig unbedeutende Sonderfälle!
    (… auch wenn wir heute alle damit unser Essen verdienen).

    Das was für mich heraus kommt bei diesem lebenden System bin ICH. Hier und jetzt – tippend (“Hallo übrigens!”) / lesend. Auf der einen oder andere Seite dieser Blog-Netzes kann man sehen wie schwer verdaulich das Beschreiben wird, wenn man das nicht mit einem Logo in den Griff bekommt: Das lebende System produziert JEWEILS MICH, hier und jetzt. Das kann dann gerade tippend sein oder lesend. Das ist ja der Gag: die Strukturen tauscht es aus und erst in der Beschreibung nebenher, wie unabhängig vom eigentlichen Prozess, ordne jeweils Ich es der einen oder anderen Story zu: “Ich hab’ gegessen..”, “ich tippe/lese das hier…”, “dann lese ich ein paar Seiten Luhmann…”, “später unterhalte ich mich mit Physikern über Schwarze Löcher…”, “und morgen richte ich mein neues Handy ein… ” usw.

    Fehlt noch was, nicht?
    So eine mehlige, auch oft auch nervige Sache die in den Beschreibungen so vieler höchst dekorierter Leute so zermanscht wurde wie kaum etwas anderes:
    Probieren wir doch mal die festkochende Kartoffel:

    Jeweils ich bin hier und jetzt, tippend/lesend!
    Mein System, mein Körper (meint das selbe nur in einer anderen Geschichte…) “meine Maschine” (…) produziert jetzt aktuell jew. Mich – hier und jetzt. (jew.) Ich bin das Produkt dieses Prozesses, hier + jetzt!
    Aber um das hier + jetzt sagen zu können muß ich schon daneben stehen (das fordert die Syntax meines Sprechens/”languaging” bei HM und HvF)! Also nicht mein lebendes Sytem arbeitet in Zeit (die braucht es nicht, denn es erhält ja sein Gleichgewicht konstant aufrecht sonst währe jew. ich schließlich nicht hier!) sondern jew. meine Beschreibungen sind das was Zeit braucht. Und da ist “ZEIT” dann auch nur eine Beschreibung die in ihrer Bedeutung halt für alles was so gesagt werden könnte gelten soll.
    Wie sagt der österreichische Quantenphysiker (so ungefähr): “Raum und Zeit sind eigentlich nur noch Begriffs-Stützen für die Unterhaltung mit Laien, in meiner Arbeit kommen sie eigentlich nicht weiter vor..”
    Tja! hmm…, 2 Punkte? Na gut, 3.

    Da währe also dieser nahezu ideale AP Prozess, der mich hier und jetzt, tippend/lesend erzeugt und erhält (im Alltag verbucht das jeder als “Gesundheit”, mit “Selbstheilungskräften”, “kräftige Natur”…), und ich! In Beschreibungen die zusammen eine Story ausmachen, die sich verbuchen, wiederholen, bearbeiten lässt. Alles bei uns aufrechten Zweibeinern in Sprache = languaging! Wenn man das zusammenfassen will ist halt der passendste Begriff dafür: Der Beobachter. HM: “Alles was gesagt wird, wird von einem Beobachter zu einem anderen Beobachter gesagt, der er selbst sein kann…”

    Funktional ist der Beobachter im lebenden System ein zusätzliches internes Element, dass die Dynamik des Selbstausgleichs spiegelt/verzögert/ineinander manscht = Beschreibungen fertigt. Die meinen das was er da unterscheidet.
    … als wären dieses Beschreiben unabhängig vom gesamten Prozess. Sind sie aber nicht! Deswegen kann ich mich bis zum Kranksein aufregen, z.B.
    Ab dem Moment wo z.B. ein Fötus soz. zum ersten Mal auf eine seiner Sinne achtet merkt er, dass er als Beobachter dem eigentlichen Prozess der ihn bildet hinterher läuft. Was also macht der leidgeprüfte Vielzeller wenn er ein besseres Leben haben will? Er macht in und mit diesen Beschreibungen Vorhersagen. Und wenn die eintreffen, gibts kein neues Aufregen. (Von da ab wird vermutlich jede Mutter schwören, dass sich ihr Baby “verhält”).

    Diese Rückwirkungen des Beobachters auf seinen ihn selbst erhaltenden Prozess mit Hilfe der Beschreibungen die er in Clustern und Systemen von Clustern als/in Vorhersagen “nutzt” sind für eine Beschreibung von außen (wie hier jetzt) kontextfrei. Keiner kann sagen und messen, wo dieses jetzt gerade in den Selbstausgleichsprozess hinein hauen. Daher macht es Sinn diese von der kontextfreien Systemtheorie her zu benennen. Das sind: Pertubationen.
    Denn in der wissenschaftlichen Biologie erledigt sich die Beschreibung quasi selbst mit der Feststellung, dass es eben lebt. Punkt. Aus! Soziologie, Psychologie tauchen hier in den Vorhersagen des lebenden Systems (noch) gar nicht auf, und sind auch gar nicht erforderlich. Alle Unterscheidungen, alles was zählt, alles was steuert, alles was funktioniert ist also ( h. + j. in Sprache festgestellt:) aktiver Teil des Systems. Von außen (in Sprache) sagen wir daher: Die ganze action läuft selbstreferentiell! Ein Grund-Kennzeichen der AP ist die: Selbstreferentialität.
    (Als ob es selbst der Haupt-Prozess sei). Der Begriff der SELBSTREFERENZ an sich hat hier überhaupt keine funktionale Bedeutung sondern ist eine statistische Verallgemeinerung in Sprache und erklärt in der Theorie der der AP überhaupt nichts sondern verwirrt nur.

    Diese AP-Dynamik erlaubt also eine interne soz. entschleunigte Komponenete, die sie mit aufrecht erhält. Darin können die Muster der Strukturänderungen nachschwingen /-hallen (was auch immer), als wären sie unabhängig von ihrem Ursprung. Das manscht sich soz. zusammen und beginnt irgendwann Muster zu differenzieren, zu präferieren, zusammen aufrecht zu erhalten und vorherzusagen. (= im Prinzip ein Verlangsamungs-Prozess der sich immer unabhängiger zur Ausgangsdynamik entwickeln kann, ohne das AP-System zu gefährden). Funktional ist das bereits der Beobachter.

    Und das gilt bereits für jede Zelle. Kaum zu Glauben? Dann bitte mal einen Blick hier drauf werfen:

    Das wären dann Einzeller (“von außen”).

    und hier:
    http://www.google.de/search?num=100&hl=de&newwindow=1&site=imghp&tbm=isch&source=hp&q=rauschen&oq=rauschen&gs_l=img.12…0.0.0.1569.0.0.0.0.0.0.0.0..0.0…0.0…1ac.0bSvU8PpOto&biw=1920&bih=1060&sei=aywAUObYGobTtAaw3NzLBg
    Suchen Sie sich ein Rauschen aus das am Anfang besonders gleichförmig ist,
    schaun Sie eine Weile drauf (evtl. müssen Sie den inneren Schweinehund etwas zurück drängen, der sich dagegen wehrt) und nehmen Sie einfach zur Kenntnis, wie Sie langsam Formen und Muster zu unterscheiden beginnen. Bei dem Titel der Bilder sollten keine drin sein.
    … das wäre dann der wohl-funktionierende Beobachter, von Innen, ganz “unten” vor der Sprache, jeweils ICH hier und jetzt, tippend/lesend.
    Nebenbei: 10 Punkte an den Leser für Guten Mut!

    Man hat also Dynamik – alles fließt – und das lebende System, die Autopoiesis ermöglicht einen Apparat in dem die Veränderungen so “eingefangen”, miteinadner verschwämmt und aufrecht erhalten werden, dass sie zur Vorhersagen über weitere Veränderungen dienen können. Aus der Dynamik macht es etwas möglichst lang Anhaltendes (Stabiles/Nützliches/Logisches/Bedeutendes…).
    Von hier ab gibt es völlig unterschiedliche Stories.

    Da Sie in diesem Blog über den aufrechten Zweibeiner und seine Technik diskutieren werden (und damit über einen engen kleinen Sonderfall der Autopoiesis) springen wir zum Sapiens Sapiens.
    Bis hier hin habe ich vermutlich eine gute Übereinstimmung mit Doc Maturana, und mit H.v.F. ohnehin gehalten,
    – von jetzt ab möglicherweise nicht mehr, so sehr…, na ja…

    Eine S. Sapiens-Beschreibung die sich daraus ergibt im Mix von Erwachsenen-Sprech und AP-Entwicklungsdynamik in Zuschauer-Zeit:
    Ein Ungebohrenes kurz vor der Geburt hat nach sicherlich Milliarden von Versuchen vorhersagbare Rhytmus-, Wärme- und und Druck-Veränderungen “gefunden” die es als Reaktion von seinem lebenden System einordnet. (Meist alles dabei: Drehen, Fußtreten, Herzschlag usw.).
    Es ist immer noch das volle selbstreferetielle selbstausgleichende System, und doch unterscheidet es Muster die vorhersagbar ähnlich wie seine eigenen sind: Ihm ganz gleich. Es gibt so etwas wie eine Verdopplung der Muster die er zutreffend vorhersagt, als quasi schon kennt.
    Diese zählt es ganz eindeutig zu seinem lebenden System.

    Bei der Geburt ergibt sich in Normal-Fall für das Neugebohrene ein Umkippen:
    Mit der “Ortsveränderung” werden eine Vielzahl von Vorhersagen nicht mehr zutreffen die dem funktionierenden System zugerechnet wurden und eben noch “stimmten”. Unmittelbar im Anschluß daran werden über das was wir gewohnt sind “Sinne” zu nennen eine ungeheure Menge an Mustern vorhersagbar, die sich enorm oft wiederholen. Da ergibt sich also eine Konzentration von Mustern mit einer ungeheurer Wiederholungs-Rate – dafür sind diese im Verhältnis zu vorher jedoch viel einfacher und erfolgreicher vorherzusagen! Das Spiel damit bringt Sicherheit, Beruhigung, das was wir im Alltag so unter “Wohlfühlen” einordnen. Funktional für das lebende System sind es immer komplexer werdende Cluster von Clustern von Vorhersagen, die eintreffen. Babies unterscheiden nicht zwischen den Sinnen, wir in-Sprache- Lebende tun das in der sozialen Interaktion mit anderen.

    Wie man sich denken kann meinen die allzu vielen Wiederholungen Worte.
    Es gibt den zivilisations-mäßig gewünschten Übergang von: Alle Sensationen (fühlen/hören/sehen/… ) sind gleich wichtig je nach Aktualität, und der zunehmenden Konzentration auf Worte/Sprache-Hören und Benutzen. Die meisten Babies kommen dem Wunsche nach.

    Mit den Worten kommt der Anspruch der Sprechenden, dass diese alle eine eigene, nicht zur AP gehörende, Bedeutung und Tragweite haben. Die Vorhersagen die sich damit noch erfolgreich machen lassen sind viel geringer als vorher, benötigen teilweise viel mehr Aufwand sie soz. “durchzuhalten” und werden begleitet von den Begriffen in Raum und Zeit zu leben. Z.B.: In dem Glas ist Gutes drin, aber man muß eben erst dahin laufen um da heran zu kommen (und es dann vorsichtig nehmen und gerade halten… ).
    Ein Cluster von Vorhersagen, über Worte gesteuert, betrifft den Zeit-Rhytmus. Das was der aufrechte Zweibeiner mit ZEIT meint ändert sich ständig, aber Uhren-Zeiger lassen sich schon für Kleinkinder gut vorhersagen.
    Das ist die zweite Hälfte einer Zange in der wir zivilisierten Zweibeiner alle stecken: Es gibt andere, mir/meinem lebenden System ganz Gleiche,
    die mit Wort-und Begriffs-Kombination die besten Vorhersagen überhaupt generieren können, die ich auch will! An deren Interaktionen ich mich dann aber beteiligen muß. Sowie ich mich darauf einlasse unterliege ich getakteten Zeit- und Raum-Regeln, die mir als übergreifend und für alle Menschen gültig vorgestellt werden. Ab einem bestimmten Zivilisations-/auch Reife-Grad bekommen diese Regeln Priorität gegenüber allen anderen eigenen und internen Vorhersagen. Mitmachen oder Sanktionen ertragen.

    Noch immer ist dieses lebende AP System geschlossen und selbstreferentiell!
    Noch immer reagiert es ausschließlich auf die Muster die beim Struktur-Austausch zur Aufrechterhaltung seiner Organisation (= Selbstausgleich) anfallen – doch als Beobachter kann ich inzwischen erfolgreiche Vorhersagen machen, die ganze Wogen Guten Gefühls zulassen – unter der weitest möglichen Ignoranz meines funktionierenden lebenden Systems zugunsten von Mustern, die mich in Worte und deren Bedeutung binden

    Mit diesem Einstieg in die Wort und -Bedeutungswelt übernehme ich als braver Schüler in Nord-Europa die Priorität von Raum und Zeit, einer zunächst physikalisch geprägten Welt. In der übrigens auch der FLuß von Geldmitteln einigermaßen überschau- und vorhersagebar ist. (..na ja.. etwas… …).
    Wozu dann die Technik?
    Sichere Vorhersagen! In Sprache können wir unerhört viele Materielien unterscheiden, die uns beim Handling von Raum-Zeit-Problemen vorhersagbar gut helfen könnten Zeit zu sparen – wenn sie dann doch bloß halten würden.
    Die funktionelle Nachhaltigkeit von Technik besteht also im Haltbar-Machen von Materialien (das ist in der Beschreibung oft ein Henne/Ei-Ding, bei dem am Ende das gefertigte Objekt/Werkzeug/Produkt für den Gebrauch vorn steht und nicht so sehr die Produktion selbst. Die Wertigkeit von Technik, das was man Planen und Einodnen muß ist aber die Produktion technischer Objekte, nicht die Anwendung (die führt i.d.R. zu neuen, irgendwie besseren/billigeren Produkten).

    Die Planung, Einordnung und Bewertung dessen sind Objekte der Soziologie. Und da war Luhmann doch auch ganz gut drin.
    Mit Autopoiesis, der Theorie lebender, selbstausgleichender Systeme vom Doc Humberto Maturana und Heinz von Foerster hat es wirklich fast nichts zu tun.
    Es ist grad nur einer von zig möglichen Vorhersage-Clustern.
    Technik und Soziologie sind ungefähr gleich weit weg vom Selbstausgleich eines AP-Systems.

    Eine speziellere Technik-Varianz wg. erkannter + verstandener Autopoiesis ist recht unwahrscheinlich.
    Natürlich kann ich eine Marketing-Strategie für Mercedes entwickeln und durchziehen in der die tolle Unterstützung eines ausgeglichenen Feelings betont wird: “Frisch aus dem Selbstausgleich der Autopoiesis in die orthopädisch geformte Wohlfühl-Sitz-Anlage der S-Klasse”. Zig Lebensmittel werben schon mit Gesundheit – eben das ist, s.o., der Selbstausgleich. “Gesunde Technik” – so ganz neu ist das nicht.

    Ich glaube, selbst so einen richtig tiefsinnigen Baum-Umarmer würde ein “Selbstausgleichend gemanagter Wald” nicht aus dem Sattel hauen.
    Geschweige denn irgend einen Förster, oder wer sich da sonst herumtreiben mag.
    Das autopietische System funktioniernt nur hier und jetzt gerade – beim Tippen/Lesen! Web, Leser, Tastatur, Monitor sind erfolgreiche Vorhersagen, die funktionieren (wie man hier sieht).

    – und mehr weiß ich von den Sachen eigentlich auch nicht (außer de einen oder anderen Preis, vielleicht!

    na ja, solange sie funktionieren…

    noch mal 10 Punkte für Geduld!

    Schönes Wochenende!

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